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Una G. mistet aus

separee
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Dieses fabelhaft (sub)tropische Sommerwetter – nun leider schon nur noch eine blasse Erinnerung – hatte eine Qualität, die sich erst auf den zweiten Blick erschloss. Es hat mich – ich mache grundsätzlich azyklisch Urlaub – in gewissem Maße zur Häuslichkeit gezwungen. Untertags war es zu schwül, um das noch halbwegs temperierte Haus zu verlassen und später schüttete es oft so gewaltig, dass man auch nicht vor die Tür mochte, zumal die Strandbars eh die Liegestühle eingeklappt hatten. Wegen des Regens. Deshalb hatte ich mir bei einem gut gekühlten Glas Hugo überlegt, die ohne schlechtes Gewissen zuhause verbrachten Sommerabende zu nutzen, um mal wieder auszumisten. Andere machen Frühjahrsputz. Aber im Frühling war ich wegen des anhaltend guten Wetters nicht dazu gekommen. Weil man in diesem Sommer aber nie sicher sein konnte, ob einem der nächste Abend statt einem monströsen Gewitter nicht doch eine laue Sommernacht mit Freiluftkinopotenzial bescheren würde, sollte es ein kleines Projekt werden. Den Gedanken, meine Bücher neu zu sortieren, hatte ich dementsprechend schnell verworfen, zumal ich mich bisher für kein Ordnungssystem entscheiden konnte. Alphabetisch nach Titel, alphabetisch nach Autor, vielleicht doch lieber nach Inhalt? Kann auch heikel werden. Jemand schlug mal vor, alle Bücher nach der Farbe des Rückens zu ordnen. Originell und dekorativ, aber dazu braucht man zusätzlichen Speicherplatz im Gehirn, wenn man sich auch noch die Einbandfarbe eines Buches merken soll. Egal, die Bücher blieben, wo sie sind. Mein überschaubares Projekt im Stundenumfang eines Abends hatte die Größe eines Schuhkartons Gr. 38. Darin bewahre ich diskret meine „Spielzeugsammlung“ aur. Wie ein erster kritischer Blick in die Schachtel vermuten ließ, war eine Inventur dringend angesagt. Den Bodensatz hatte ich wahrscheinlich schon jahrelang nicht mehr benutzt. Während der Hugo süß und klebrig meine Kehle hinunterperlte, macht ich mich ans Werk. Meine Lieblingsdildos legte ich sorgsam auf die Seite. Ebenso den Glasplug und den nagelneuen Vibrator. Augenbinde und Peitsche – beide als Goodies beim vorletzten Unterwäschekauf zur Sammlung dazugekommen – durften auch unverzüglich auf die Seite der Must-keeps. Heute gehört eine Peitsche ja quasi zur Grundausstattung in Sachen Liebe. „Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht!“, wusste einst schon Nietzsche. Fritz als Vorreiter und Gallionsfigur einer neuen sexuellen Mode? Wer hätte das gedacht! Während ich noch so vor mich hin philosophierte, tauchte der erste Kandidat für die Tonne auf. Ein kleiner, wabbliger Gummifinger. Wozu der wohl gut war? Außerdem klebten an dem schwarzen Kunststoff Millionen von winzigen Staubflusen und Fusseln. Bah! Schon damit qualifiziert er sich für den Müll. Seinem Kumpel, aus dem gleichen weichen Silikon geschnitzt, erging es nicht besser. Metall, Glas, Holz und von mir aus auch harter Kunststoff. Aber dieses Silikonzeug, das den Dreck nur so anzieht, ist keimtechnisch eine Zumutung. Außerdem muss ich gar nicht wissen, was sich so an Mikrofusseln in meinem Bett tummelt, wenn ich ihn mal aufs Laken lege. Zu den beiden Unglückseligen gesellte sich alsbald ein gigantischer Analschlüssel mit einer Art Schraubengewinde. Aber wenn man den in ganzer Länge eindreht, sieht man bestimmt die Spitze, wenn man gähnt. Nichts gegen anale Freuden, aber das geht nun doch zu weit – im wahrsten Sinne des Wortes.

Bei einem Vibrator im Taschenformat war die Batterie ausgelaufen. Schöne Schweinerei. Also auch weg damit, wie auch mit den Liebeskugeln. Ich sage nur Silikonoberfläche. Einen anderen Vibrator hielt ich lange verträumt in den Händen. Mein Hansi (im Glück). Wir hatten uns gefunden, kurz nachdem ein anderer Mann mich verlassen hatte. Oder ich ihn. Auf jeden Fall war mein Bett danach so leer, dass Hans für eine Weile mein treuer Begleiter wurde. Als ich am runden Verschluss unten drehte, fing er tatsächlich an zu brummen. Ohrenbetäubend laut wie mir schien. Aber ich brachte es nicht übers Herz, Hansi für immer Lebewohl zu sagen, auch wenn ich wusste, er hatte keine Chance mehr, bei mir zu landen. Alles in allem wanderten an diesem kurzweiligen Abend sechs Toys in die Tonne. Von Mighty Mike hatte ich mich schon vor einer Weile verabschiedet, weil ein Mann eifersüchtig auf ihn oder vielmehr seine Größe war. Das war ein Fehler. Ich meine, sich aus purer Rücksichtnahme von Mike zu trennen.

Jetzt habe ich auf jeden Fall wieder Platz im Schuhkarton. Mit meiner Spielzeugkiste halte ich es übrigens so wie mit meinem Kleiderschrank. Nur ausgesonderte Teile dürfen ersetzt werden. Wunderbar, dann kann ich mir ja endlich mal wieder was Neues zulegen, überlegte ich und ging mit meinem aktuellen Lieblingsspielzeug in der Hand zufrieden ins Bett.

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