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Una G. sucht ein Zimmer

separee
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Una G.

Diese Zimmersuche macht mich fertig, aber die letzte Wohnungsbesichtigung hat mich immerhin für einige meiner Mühen entschädigt.

Männlich, Anfang dreißig, suchte für seine 2er WG noch eine Mitbewohnerin. Das Foto in der Anzeige zeigte vier oberkörperfreie Männer, die in der vorweihnachtlichen Zeit ein Auto durch den winterlichen Wald abschleppten. Mit Riemen und bloßer Leibeskraft. Das Bild hätte eher in einen Aktkalender als in eine Wohnungsannonce gepasst. In der U-Bahn auf dem Weg zur Besichtigung mutmaßte ich darüber, ob es sich wirklich bei einem der vier Adonisse um meinen potentiellen Mitbewohner handeln könnte. Zugegebenermaßen war ich viel neugieriger auf die Person, die mich gleich erwarten würde als auf die Wohnung. Auf den wenigen Bildern in der Anzeige war ein langer Flur mit schönen Dielen zu sehen gewesen, von dem zwei Zimmer abgingen. Dazu ein schmales Bad und eine spartanisch eingerichtete Küche. Ein solider Altbau, nichts Aufregendes.

Ich stellte mir vor, wie der zukünftige Mitbewohner mir die Tür öffnet, genauso knapp bekleidet wie auf dem Foto. Nach einer kurzen Begrüßung, in der wir die Augen nicht voneinander lassen können, fallen wir uns wild um den Hals und verlieren uns in endlosen Küssen. Eng ineinander verschlungen stolpern wir den langen Gang entlang. Er hebt mich hoch und drückt mich gegen den Türrahmen. Wir verschmelzen in einer innigen Umarmung und er wirft mich auf sein Bett … Yeah, right!

Die ruhige Straße, in die ich schließlich einbog, verlief direkt am Fluss. Vor dem angegebenen Haus luden gerade drei Männer Kisten in ein Auto. Als ich vor dem Hauseingang stehenblieb, entfernte sich einer von ihnen aus der Gruppe und kam mit großen Schritten auf mich zu. Ob ich für die WG-Besichtigung hier sei? Ich bejahte. Während er mir zur Begrüßung die Hand hinstreckte, rätselte ich darüber, welcher der Männer vom Foto dieser hier sein könnte. Von der Statur her hätte es jeder der vier sein können, aber sein Gesicht kam mir nicht bekannt vor. Vielleicht war es der, der auf dem Foto am Steuer gesessen hatte. Sein Händedruck war fest und warm, ebenso sein Blick, und als er vor mir die Treppen hoch stieg, ertappte ich mich dabei, wie mein Blick auf seinem Hintern hängen blieb. Mir gefiel, was ich sah.

Die kleine Wohnung im vierten Stock war schnell gezeigt und als wir wieder in der hellen Küche ankamen, bot er mir Bier und Kekse an. Er schlug einen Spaziergang vor, um mir einen Eindruck von der Gegend zu geben. Wir schlenderten am Ufer des Flusses direkt gegenüber entlang. Unser Gespräch plätscherte ebenso locker und entspannt dahin. Ich ertappte mich dabei, wie ich immer heftiger flirtete und ihn verschmitzt von der Seite her ansah. Sein Lachen gefiel mir und die Chemie zwischen uns war nicht zu verleugnen.

Zurück vor seiner Tür bat ich, oben nochmal auf die Toilette gehen zu dürfen, obwohl ich nicht musste. Das Knistern zwischen uns tat mir unheimlich gut. Ich stellte mein leeres Bier auf den Küchentisch und merkte, dass ich eigentlich gar nicht wusste, was ich noch hätte sagen sollen. Hatten wir uns während des Spaziergangs ganz ungezwungen miteinander unterhalten, so lag jetzt Spannung in der Luft. Ich holte schon Atem, um einen abschließenden Satz zu sagen, als er einen großen Schritt auf mich zu ging, seine Hand auf meine Hüfte legte und mich unwillkürlich auf den Mund küsste. Gleich darauf hielt er erschrocken inne und schüttelte entschuldigend den Kopf. Amüsiert nutzte den Moment seiner Verwirrung, nahm sein Gesicht in meine beiden Hände und zog ihn zu mir herunter ...

Das Zimmer habe ich am Ende trotzdem nicht genommen.

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